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Verkauf der GGA-Zollikofen – Deal or No Deal?

Zunächst ein paar Ungereimtheiten aus Bericht und Antrag des Gemeinderates: Mit einem  Donnergrollen droht er mit Investitionen von 17.5 Mio Franken (…), falls das gemeindeeigene TV- und Radio Netz, weil hoffnungslos veraltet, nicht subito an den erst besten Interessenten verkauft wird. Da ist die Rede von einem flächendeckenden Glasfasernetz, das in naher Zeit erstellt werden müsse (15Mio), aber noch schneller müsse 2.5Mio aus der Spezialfinanzierungs-Schatulle gezückt werden, quasi als Bypass-Operation am offenen Herzen, weil die GGA sonst nicht mehr konkurrenzfähig sei. Dramatisch! Dumm ist da, wer  da nicht sofort DEAL in den Ratssaal schreit. Und voll töricht muss sein, wer da trotzdem für diese ein paar Tausend Kilo schweren Altkupferkabel einfach so 4.5 Mio Franken hinblättern will…

 

Vom Zweck der GGA und ihrem Nebengeschäft. „Zur Vermittlung eines guten Radio- und Fernsehempfanges… und zum Schutz des Orts- und Landschaftsbildes vor Verunstaltung durch Aussenantennen“ steht als Zweck im (noch) gültigen Reglement. Für die Aufrechterhaltung der Qualität sorgt die Erstellerfirma Cablecom, mit der die Gemeinde seit Jahren einen Wartungsvertrag unterhält. Bezahlt wir alles mit Anschluss- und Benutzergebühren. Allein von den knapp 4900 AbonnentenInnen fliessen so jedes Jahr rund 470‘000 Franken (4900x8x12)in die zweckgebundene Kasse, dazu noch Signalbezugsgebühren aus Ittigen und Moosseedorf – da kommt also eine hübsche Summe zusammen. Aber wie beim Benzinzoll müssen diese Mittel wieder ins Netz reinvestiert, bzw. die Gebühren vergünstigt werden – das macht Sinn.

 

Nun ist da in den letzten Jahren eine gröbere Goldgräberstimmung losgebrochen. Woher? Plötzlich konnten vier Fliegen mit einem Streich erschlagen werden - wie? Über das Telefonkabel! Telefonieren, Internet-Surfen, Radio hören und TV-sehen! Nur logisch, dass die Kabelnetzfirmen sofort nachzogen. Das ist Wettbewerb. Der Schweizerische Telekomriese in ihrem Geschäft! Ungäbig. Flugs wurden die Netze aufgerüstet, Rückkanal tauglich gemacht, die Bandbreiten in atemberaubenden Schritten ausgedehnt, damit auch das volle Paket angeboten werden kann. Heute, genau jetzt – ist es längst soweit. Beide haben gleich lange Spiesse. Die Kabelfirmen sind mit ihrem Mix aus Glasfaser- und Koaxialkabel der Swisscom zurzeit aber voraus, weil diese (noch) mit Glasfaser- und Kupferkabeln unterwegs sind. Die Cablecom ist im Vergleich mit Swisscom rund einen Viertel günstiger.  Es ist also eine kühne Behauptung, dass unsere GGA nicht am Markt mithalten kann.


Stichwort Glaserfaser bis zum Hausanschluss. Hier zeichnet sich laut ComCom/Bakom ab, dass ein Unternehmen (am sehr wahrscheinlichsten die Swisscom) diesen Anschluss legt, mit mehr als einer Glasfaser drin. Weil auf dieser „letzten Meile“ niemand das Monopol haben darf, wird dieses Teilstück als sogenannter Open Access geführt und an andere Markteilnehmer (z.B. Cablecom) vermietet.  Es ist also höchstunwahrscheinlich, dass die Gemeinde oder die Cablecom hier irgendeinmal 15 Mio Franken investieren muss. Dies muss leider als Schutzbehauptung taxiert werden, die wohl zur Verkaufsbeschleunigung der GGA dienen soll…

 

Die GGA kann also als Hauptgeschäft noch ganz lange analoge TV- und Radioprogramme in bester Qualität anbieten mit der jetzigen Bandbreite von 750MHz und mit unschlagbar, tiefer Benützungsgebühr. Ein sofortiger Ausbau auf 862MHz dient einzig und allein dem Aufrüsten des Nebengeschäfts (hyperschnelles Internet), das z.B. Swisscom auch erst dann anbieten kann, wenn der Glasfaseranschluss in zig Jahren in die Häuser realisiert ist. In Zollikofen, Ittigen und Moosseedorf nutzen zurzeit (ich schätze) von den rund 12‘000 Kabelkonsumenten vielleicht 5-10% diese Nebengeschäft-Dienste ab Netz.

 

 

Jetzt zum schwächsten Punkt im ganzen Geschäft. Der GGA-Käufer bietet einen Kaufpreis von 4.5 Mio Franken, in der Spezialfinanzierung lagern weitere 2.5 Mio, zusammen also 7 Mio. Die sollen den GebührenzahlerInnen wieder zurückvergütet werden, das ist edel gemeint und wäre an sich auch richtig so.

 

Die einzigste Frage, die sich stellt ist die: Weshalb werden die Gebühren nach dem Verkauf der GGA erhöht? Weil hohe Investitionen in die Verbesserung der analogen TV-und Radioprogramme fliessen? Gar nicht! Praktisch alle technischen Aufrüstungen in den letzten Jahren wurden und werden wegen den Nebengeschäfts-Aktivitäten der Cablecom generiert! Wozu muss also etwas künstlich vergünstigt werden, wenn gar kein Erhöhungsgrund vorliegt? Dank der gütigen Hilfe aus der buchstäblichen Ratsmitte erhält der „Käufer“ sein „Darlehen“ jetzt noch schneller retour. Zu den normalen Gebühren, die wie eingangs erwähnt bei 8.00 Franken mtl. liegen und per Jahr 470‘000 Franken eintragen, darf er jetzt noch mit  Rückzahlungsraten von jährlich 705‘600 Franken rechnen – ein gutes Geschäft. In knapp sechs Jahren erhält er seinen „Verkaufspreis“ zurück mit praktisch garantierter Kundenbindung.

 

 

Fazit: Wir empfehlen den StimmbürgerInnen, die GGA noch nicht zu verkaufen, weil die Gründe dazu weder technisch, noch wettbewerbstechnisch, noch finanziell, noch betriebswirtschaftlich stichhaltig genug sind. Abwarten ist besser – also NO DEAL.

 

Roland Stucki